Nachdem am 05.10.2018 eine umfassende Änderungsverordnung der BinSchUO und anderer Verordnungen veröffentlicht und in Kraft gesetzt wurde, erreichen uns immer wieder Nachfragen von anderen Kollegen, wie denn nun eigentlich die neue Rechtslage genau aussieht. Daher fassen wir hier für unsere Branchenkollegen zusammen, für wen welche neuen Regelungen greifen und was es zu beachten gibt. In Verbindung mit den ebenfalls hier verlinkten Fundstellen sollte sich so ein grober Überblick ergeben.
Natürlich kann eine solche Übersicht das Thema nicht abschließend in der Tiefe behandeln. Die wichtigsten Fragen sollten sich aber klären lassen.
A. Übergangsregelungen für Bestandsfahrzeuge
Diese sind in § 34 BinSchUO geregelt. Dieser hat 5 Absätze, die nachfolgend kurz erläutert werden. Der Originaltext ist hier zu finden: (34 BinSchUO)
Absatz 1 und 2
Fahrgastbeförderung ist erlaubt für Fahrzeuge, die
- weniger als 20m lang sind
- am 31.12.2015 über ein Bootszeugnis verfügten
- NACHWEISLICH mit Skipper vermietet wurden
Diese Übergangsregelung gilt bis
- 06.10.2033 für Fahrzeuge bis 35 Fahrgäste
- 06.10.2023 für Fahrzeuge mit mehr als 35 Fahrgästen
Je nach Fahrgebiet gibt es jedoch auch für die Bestandsfahrzeuge weitere Einschränkungen bzgl. Fahrzeuglänge und Fahrgastzahl, die in Anhang II. Kapitel 7 genannt sind. Leider gelten diese Übergangsregelungen nicht für Rhein und Oder!
Die Bestandsfahrzeuge können auch weiterhin mit den gleichen Befähigungszeugnissen geführt werden, die bisher erforderlich waren.
Absatz 3
Achtung! Die Bootszeugnisse der Bestandsfahrzeuge müssen dem WSA unverzüglich zur Überprüfung vorgelegt werden!
Absatz 4
Soweit nicht schon vorhanden, müssen jedoch auch auf Bestandsfahrzeugen einige technische Voraussetzungen nachgerüstet bzw. eingehalten werden, die künftig für Fahrzeuge im Gelegenheitsverkehr nach Sportbootvermietungsverordnung gelten. Nämlich konkret § 8a Absatz 2 bis 5 der geänderten Binnenschifffahrt-Sportbootvermietungsverordnung.:
§ 8a Sportboot-Vermietungsordnung
Absatz 2:
Folgende Ausrüstung muss an Bord vorhanden sein:
- Sprechfunkanlage nach § 4.05 BinSchStrO
- mindestens 2 Rettungsringe gemäß 19.09 Nr. 1 ES-TRIN verwendungsbereit an Deck und nicht befestigt, davon einer mit 30m Schwimmleine, einer mit Rettungslicht
- für jeden Fahrgast und jedes Besatzungsmitglied eine Rettungsweste nach 13.08 ES-TRIN, für Fahrgäste sind auch Feststoff- oder halbautomatische Westen zugelassen
- Vorrichtungen zum Geben von Sicht- und Schallzeichen
- Festmacherleinen, Schleppleinen, Wurfleinen, Fender
- Verbandskasten DIN 13157 oder 13169, leicht erreichbar. Bei verdeckter Aufstellung mit Symbol/Aufkleber Weißes Kreuz auf grünem Grund außen 10x10cm
- Bootshaken
- Doppelfernglas 7×50
Absatz 3: Offene Feuerstellen dürfen an Bord nicht betrieben werden (Abs. 3)
Absatz 4: Flüssiggasanlagen nur auf Fahrzeugen mit E-Antrieb oder Treibstoff mit Flammpunkt > 55 °C. Anlage muss Kapitel 17 ES-TRIN entsprechen, 17.03 Satz 3 und 17.15 1 und 2 sind nicht anzuwenden. In geschlossenen Räumen sind CO-Warner und Gaswarner erforderlich, Anlage muss abgenommen sein, die Bescheinigung ist mitzuführen.
Absatz 5: Bei Geschwindigkeiten ab 40 km/h müssen alle Personen an Bord Rettungswesten tragen. Der Fahrzeugführer muss seine Tätigkeit im Sitzen ausüben.
Die arbeitschutzrechtlichen Vorgaben des Absatz 6 gelten also NICHT für Bestandsfahrzeuge!
Absatz 5
Im Übrigen sind die sonstigen für Sportfahrzeuge geltenden Vorschriften anzuwenden.
B. Neufahrzeuge
Neu eingeführt wird das sogenannte Fahrgastboot. Eine Übersicht der Gewässer, in denen Fahrgastboote für mehr als 12, aber maximal 35 Fahrgäste zulassungsfähig sind, findet sich in Anhang IX .
Anforderungen an Fahrgastboote sind nachzulesen in Anhang II Kapitel 7.
Eine zweite Option, bis zu 12 Fahrgäste zu transportieren, ist der sogenannte Gelegenheitsverkehr nach § 8a Sportbootvermietungsverordnung.
C. Befähigungszeugnisse
Die ebenfalls geänderte Binnenschifferpatentverordnung ist leider ebenfalls noch nicht im ELWIS aktualisiert (Stand 16.11.2018), und muss daher direkt im BGBL nachgelesen werden ( Seite 1554):
Link: BinSchPatentV
Für Bestandsfahrzeuge gelten wie oben gesagt weiterhin die bisher einschlägigen Befähigungszeugnisse.
Für Neuzulassungen von Fahrzeugen für mehr als 12 Fahrgäste ist zwingend ein B-Patent erforderlich. Allerdings werden auf Bestandsfahrzeugen geleistete Fahrzeiten anerkannt, wodurch die Erlangung eines solchen Patents für die Schiffsführer unserer Betriebe ermöglicht wird. Dies gilt auch für Streckenzeugnisse.
Allerdings ist diese Art der Patenterlangung nur innerhalb der Übergangsfrist möglich!
Für Fahrgastboote bis 12 Personen ist derzeit noch das C2-Patent erforderlich. Achtung, dieses Patent wird voraussichtlich im Rahmen der kommenden Patentrichtlinie 2021 abgeschafft!
Für Sportfahrzeuge, die im Gelegenheitsverkehr nach Sportbootvermietungsverordnung eingesetzt werden, ist weiterhin der Sportbootführerschein ausreichend.